können Sie bei einem Besuch der Kinderbuchausstellung im Heimatmuseum Rodheim
Sieht recht alt aus? Tatsächlich stammt dieses Buch aus dem Jahre 2011 und nimmt die Leser mit auf eine vergnügliche Zeitreise um die Veränderung der Kochkultur und der Ernährungserziehung. Eigentlich auch kein Kinderbuch.
Die unterschiedlichsten Themen werden angesprochen in dieser Ausstellung, die Jutta Failing aus ihrer eigenen Kinderbuchsammlung zusammengestellt hat. Man könnte sie mit der ganzen Familie inklusive Urgroßmutter besuchen. Jede/r würde was aus dem eigenen Buchschatz finden. Ganz modern ist das Buch “Hanni hat Nikoläuse” von 1921, über 100 Jahre älter dagegen die Buchreihe “Nesthäkchen” (1913- 1925) von Else Ury. Kein Datum konnte ich finden bei der Geschichte von der am Daumen lutschenden Sybille. Der Struwwelpeter aus dem Jahre 1845 wurde in vielen Versionen nachgemacht. Immerhin werden hier die Daumen nicht abgeschnitten, sondern fliegen einfach davon. Dass dem Buch das Erscheinungsjahr fehlt, ist eher normal gewesen, nicht nur bei Kinderbüchern.
Failing zeigt die Unterteilung in Mädchen- und Jungenbücher, stellt aber auch solche aus, die heute so nicht mehr geschrieben würden, weil sie eindeutig rassistisch sind. Dazu gehören viele Abenteuerbücher, die teilweise in den ehemaligen deutschen Kolonien spielen, aber auch welche über Albert Schweitzer. Selbst Astrid Lindgrens “Negerkönig” wird inzwischen bei Neuauflagen von Pippi Langstrumpf-Büchern als Südseekönig bezeichnet. Das Lied “10 kleine Negerlein” haben wir noch in der Schule gelernt, ohne zu wissen, dass es ein Schwarze verunglimpfender Text aus den amerikanischen Südstaaten ist. Auch Kinderbücher verkörpern Zeitgeschichte und Politik.
Auch ich wünschte mir nach dem Lesen solcher Bücher,
einen Förster zu heiraten
Die Jungensbücher zeigen den Lokomotivführer, den Testfahrer und den Abenteurer. Die Mädchenbücher spielen wie so viele Filme der 1950er Jahre oft im Försterhaus. Das Buch “Schlüsselkind” erschien 1957., Schlüsselkinder hatten den Haustürschlüssel um den Hals hängen, ich kannte welche in meiner Klasse. Manche mussten auf ihre jüngeren Geschwister aufpassen oder den Haushalt versorgen. Meistens waren es Kinder alleinerziehender Mütter – viele Väter waren im Krieg gefallen oder die Ehe war geschieden (damals noch das Schuldprinzip). Überrascht war ich, als ich nach dem Erscheinungsjahr suchte und sah, dass der Begriff immer noch gebräuchlich ist.
Nach 1968 wurden auch die Mädchenbücher fortschrittlicher. Es gab etliche Bücher über Stewardessen. Als ich 1966 Abitur machte, war es ein Traumberuf. Das Buch “Schiffsfunkerin Annemarie” von 1972 beschreibt einen für Mädchen ungewöhnlichen Beruf. Der Verlag hat sogar einen qualifizierten Illustrator für den Frontdeckel herangezogen.
Ein Teil der Ausstellung widmet sich den Illustratoren, die meistens nur erwähnt, aber selten wahrgenommen werden.
Die Ausstellung ist noch bis zum Jahresende geöffnet an jedem Sonntag zwischen 15.00 und 17.00 Uhr. Vermutlich gibt es im Dezember eine weihnachtliche Ergänzung. Auf jeden Fall veranstaltet der Heimatverein am 24. September zwischen 14.00 und 18.00 einen Nostalgie-Flohmarkt vor der Tür des Heimatmuseums. Genaueres werden wir in der Vorschau berichten
Fotos Eveline Renell