Geragogik in Biebertal (3)

Aktuelle Situation und Zukunft
Drei Männer in der Badebütt

Dieses lustige Foto hängt an der Pinnwand in Herrn Hellmanns Büro. Ich habe es ausgewählt, weil Ludger Hellmann sich über mehr Männer in der Seniorenrunde sehr freuen würde. Es passt auch aus einem anderen Grunde. Das Büro befindet sich n der Alten Schule in der Gießener Straße 46. Als die Schule 1912 gebaut wurde, wurden im Keller Duschen eingerichtet. Damals hatte Rodheim fast 1800 Einwohner, aber wer besaß schon ein Bad? Die Duschen waren für die Schüler, doch samstags durften sie von der (männlichen?) Dorfbevölkerung genutzt werden. Man war also schon vor über 100 Jahren recht fortschrittlich im Dorf.

Renell: Gibt es Fälle von Verwahrlosung und Altersarmut in der Gemeinde?

Hellmann: Verwahrlosung kommt vor, manchmal sehr extrem, und ist oft auf Alkoholsucht zurück zu führen. In solchen Fällen versuche ich, die Betroffenen zur Aufnahme eines Entzuges zu bringen. Meistens machen Nachbarn auf solche Fälle aufmerksam, allerdings oft erst in einem sehr späten Stadium, aus falsch verstandener Zurückhaltung. Von Altersarmut bekomme ich relativ wenig mit, obwohl viele in unserer Gesellschaft davon betroffen sind, besonders ältere Frauen.  Anträge auf Sozialleistungen werden ja bei der Kreisbehörde gestellt. Allerdings gilt wohl auch in Biebertal, dass viele alte Menschen, die einen Anspruch auf Hilfe hätten, diesen nicht stellen: „Wir wollen nicht als Hilfsbedürftige und Schwache angesehen werden“. Die Aussage „Wir haben viel Schlimmeres erlebt“ bekommt in Corona-Zeiten neue Nahrung.

Als älterer Mensch darf man sich aber auch stark fühlen, wenn man in der momentanen Situation Hilfe abruft, um an Lebensmittel zu kommen. Da der Bürgerbus zurzeit nicht für begleitete Einkäufe eingesetzt werden kann, werden die Lebensmittel bei Bedarf nach Hause geliefert. Rufen Sie bei mir an, ich notiere die Bestellungen, gebe sie an Edeka weiter, und Torsten Thomas, der Ehemann unserer Bürgermeisterin stellt sie einmal die Woche zu. Telefon Herr Hellmann: 06409- 3045 

Renell: Wie sieht Ihre Arbeit jetzt in Corona-Zeiten aus?
Hellmann: Ich kann im Moment leider keinerlei Gruppenangebote machen. Sie sind immer gerne angenommen worden und fehlen jetzt sehr, wie mir oft zurückgemeldet wird. Für Beratungen und auch Hausbesuche stehe ich natürlich zur Verfügung. In der letzten Zeit erhielt ich viele Anrufe, in denen es um die Impfmöglichkeiten geht.  

Ein große Sorge ist „Wie kommen die Veranstaltungen, Fahrten usw. wieder in Gang, wenn es keinen Lockdown und nur noch geringe Ansteckungsgefahr mehr gibt?“
Viele Angebote sind durch Ehrenamtliche mitgetragen. Und es ist zu wünschen, dass sie sich wieder in den verschiedenen Projekten engagieren, wenn die Situation es zulässt.

Renell Was wünschen Sie sich für die letzten Berufsjahre?

Hellmann: Ich wünsche mir zunächst einmal, dass ich mir meine Lebensfreude und Lebenskraft erhalten kann. Es wäre schön, wenn ich bald wieder die Gruppenangebote machen könnte, um der zunehmenden Vereinsamung entgegen wirken zu können. Und ich werde natürlich die Planungen und Entwicklungen in Bezug auf das Areal der ehemaligen Gaststätte Listmann mit großem Interesse verfolgen.

Durch dieses schöne Jugendstil-Treppenhaus geht es zu Herrn Hellmanns Büro.
Ein Aufzug ist aber auch vorhanden.